Psychologische Spiele; Ein stetiger Begleiter in unserem Alltag
Sie hatten in den letzten Monaten keine Auseinandersetzungen, bspw. mit Ihrem Vorgesetzten, Ihren Kindern, Ihrem Partner oder Ihren Eltern?
Falls Ja, so können Sie beruhigt meinen Blog zur Seite legen und nicht weiterlesen.
Falls Nein geben Ihnen nachfolgende Informationen Hilfestellungen um den einen oder andern Konflikt bereits im Keim ersticken zu können!
Psychologische Spiele begegnen uns täglich im Beruf und privat. Leider erkennen wir diese Spiele nicht und wundern uns warum wir eben mal wieder in einen Konflikt geraten sind. Sie haben nichts mit kindlichen Spielen zu tun und sind auch nicht zum Lachen.
Sie sind vielmehr unbewusste Kommunikationsmuster, an deren Ende mindestens unangenehme Gefühle für alle Beteiligten entstehen. Man bezeichnet diese Spiele auch als verdeckte Transaktionen. Eric Berne als Begründer der Transaktionsanalyse nannte sie auch Spiele der Erwachsenen. Hierbei geht es um die Befriedigung von psychischen Bedürfnissen wie „Recht haben“, „unschuldig zu sein“, „Legitimation dem anderen Böse zu sein“. Werden diese Bedürfnisse befriedigt so spricht man von Sekundärgewinnen.
Wie läuft ein psychologisches Spiel ab und welche Rollen sind beteiligt?
Psychologische Spiele laufen stets im Unterbewusstsein ab und haben immer den selben Ablauf. Jemand mach ein für den Gegenüber attraktives Spielangebot (er oder sie wirft den Köder aus). Dieser Köder ist umso attraktiver, je genauer er den wunden Punkt des Mitspielers trifft. Wunde Punkte entstehen aus unseren inneren Bedürfnissen wie z. B. Anerkennung und Wertschätzung. Wird der Köder vom Mitspieler geschluckt so findet das Spiel statt. Am Ende werden negative Spielgewinne „ausbezahlt“.
In einem psychologischen Spiel existieren stets 3 verschiedene Rollen die das sog. Dramadreieck bilden. Stephen Karpman hat dieses Konzept Ende der 60er Jahre von Eric Berne weiterentwickelt. Es gibt keinen festen Einstieg und auch kein feststehendes Ende. Die Rollen können beliebig zwischen den beteiligten Personen wechseln.
Anhand der nachfolgenden Verhaltensweisen, auch innere Haltung genannt, lassen sich diese Rollen erkennen.
- Das Opfer ist stets der Leidtragende. Seine inneren Haltung ist „andere sind schuld dass es mir so schlecht geht“ und „ich selbst kann daran nichts ändern“. Personen in der Opferrolle suchen stets den Retter und finden ihn auch blind.
- Der Retter ist hilfsbereit und nimmt gleich gerne die gesamte Verantwortung für eine Aufgabe auf sich. Er ist immer zur Stelle sobald er nur eine Situation ahnt wo er helfen kann. Seine innere Haltung ist „das mache ich für dich“ und „das kann ich“. Besondere Antennen hat der Retter für Opfer die sich ungeschickt anstellen.
- Der Täter oder Verfolger zeichnet sich durch rechthaberisches Verhalten aus. Er ist sich stets sicher Recht zu haben und möchte andere zur Rechenschaft ziehen. Seine innere Haltung ist „Du bist schuld und nicht ich“. Macht er einen Fehler so gibt er anderen Mitspielern die schuld. Sie verstehen es andere in die Defensive zu drängen.
Je höher die Opferbereitschaft des Spielers in solch einem Spiel ist, desto gefährlicher ist dies für alle Spielbeteiligten. Man spricht vom sog. Härtegrad psychologischer Spiele. Wir unterscheiden 3 Härtegrade die sich wie folgt differenzieren:
- Der Spieler möchte Aufmerksamkeit oder aber auch seinen Glaubenssatz bestätigt haben. Dieser erste Grad geschieht in Alltag laufend.
- Der Spieler verschärft sein Spiel und ist bereit „Opfer“ zu erbringen, beispielsweise seine materielle Sicherheit, Gesundheit und sozialen Status aufs Spiel zu setzen.
- Der Spieler ist bereit, Leib und Leben aufs Spiel zu setzen und dies auch von anderen Personen. Laut Eric Berne ist dies der Grad wo Familientragödien ihren Lauf nehmen.
Bein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dieses Rollenspiel
- Der Chef stellt am Morgen fest, dass die Post noch nicht von seiner Sekretärin gebracht wurde. Er stellt sie zur Rechenschaft und nimmt die Rolle des Täters/Angreifers ein.
- Die Sekretärin wiederum nimmt die Opferrolle ein und erwidert dass die Poststelle heute noch nicht besetzt ist („ich kann doch nichts dafür dass die noch nicht da sind, ich wollte das ja machen. Die Poststelle ist schuld“).
- Zufällig bekommt die Betriebsrätin diese Auseinandersetzung zwischen Chef und Sekretärin mit, nimmt diese mit den Worten „hören Sie mal Sie können doch nicht so mit Ihrer Mitarbeiterin umgehen!“ in Schutz. Sie schlüpft in die Rolle des Retters.
- Der Chef zeigt sich als uneinsichtig und besteht auf sein Recht. Daraufhin greift die Betriebsrätin zu härteren Mitteln und kontert „also anscheinend gehen Sie bei all ihren Mitarbeitern so vor. Möglicherweise sind Sie in Ihrer Rolle als Führungskraft überfordert“. Hierbei ändert sie ihre Rolle vom Retter zum Angreifer.
- Je länger dieses Spiel geht, umso mehr kommt bei der Sekretärin Angst oder zumindest ein ungutes Gefühl hoch, und sie fängt an ihren Vorgesetzten gegenüber der Betriebsrätin in Schutz zu nehmen „ja mein Chef war heute morgen nicht gerecht zu mir aber grundsätzlich ist er schon ein guter Chef“. Wieder vollzieht sich ein Rollenwechsel vom Opfer zum Retter.
Dieses Spiel kann endlos laufen und meist endet es in einem handfesten Konflikt zwischen den Spielern.
Wie schaffe ich nun den Ausstieg aus einem psychologischen Spiel und vermeide den drohenden Konflikt?
Die Zauberworte sind Wahrnehmung schärfen und Selbstreflektion. Damit meine ich gezielt das Spielangebot zu hinterfragen (bspw. über Meta-Modell-Fragen) und seine eigenen wunden Punkte kennen („auf welche Angebote beiße ich besonders gerne an?“). Hier meine drei Tipps:
- Kennen Sie Ihre eigenen wunden Punkte und stehen sie zu ihnen, so funktioniert der ausgeworfene Köder bei Ihnen nicht. Er funktioniert nur wenn Sie unbewusst an ihrem wunden Punkt getriggert werden.
- Die Spieleinladung erkennen und ignorieren, in dem Sie den Spielinitiator nach seinem „wirklichen“ Grund für das Spiel fragen (Frage nach dem wahren Bedürfnis mittels Meta-Modell)
- Reflektieren Sie ob Sie anfällig für gewisse Spiele sind (bin ich anfällig ein Retter zu sein und helfe überschnell?)
Zum Abschluss gehe ich noch auf alltägliche Spielvarianten ein und beschreibe Muster, Sekundärgewinn und den möglichen Ausstieg.
- Ach wie Schrecklich… Hier handelt es sich um ein typisches Opferspiel. Das Opfer kommuniziert „Ach Gott ich Ärmster.“ Das Grundmuster dieses Spiels ist Jammern. Der Spielgewinn ist Nähe ohne Konsequenzen, da der Mitspieler sich um das Opfer kümmert und ihm Geborgenheit gibt. Das Opfer kann sich im Kind-Ich Zustand (TA-Zustand) wohlfühlen und wird umsorgt. Im besten Fall springt der Mitspieler in die Bresche und übernimmt das Problem des Opfers. In diesem Fall ist ein geeigneter Ausstieg das Opfer über Meta-Modell Fragen zu konfrontieren (wieso kommst du auf diese Idee? Was führt dich zu der Annahme dass du …?).
- Ja, aber…(Hilf mir, du kannst mir nicht helfen)… Jede angebotene Lösung des Mitspielers wird vom Opfer mit „Ja aber…“ widerlegt. Dies geschieht solange bist der Spielpartner genervt aufgibt. Dies wiederum bestätigt dem Opfer seine These (ihm kann nicht geholfen werden). Ein Ausstieg gelingt mit übertriebener Provokation („wieso frägst du mich eigentlich? Dir kann man ja nicht helfen…“). Der Spieler wird durch diese Provokation aus seinem Spiel-Flow gerissen (er gerät automatisch in sein Erwachsenen-Ich). Haben Sie bereits meinen TA-Blog gelesen, so wissen Sie dass nur im Erwachsenen-Ich-Zustand Lösungen erarbeitet werden können.
- Ich hab es doch nur gut gemeint. Der Spieler mischt sich in fremde Angelegenheiten ein. Dabei werden häufig die Grenzen der Privatsphäre überschritten. Weißt man den Spielinitiator in die Schranken, reagiert dieser mit „beleidigt sein“. Dieses Spiel findet häufig im privaten Bereich (Ehepartner, Eltern, Freunde) statt. Als Ausstieg hilft hier den Köder benennen und insbesondere sein eigenes genervt sein mitzuteilen.
- Aufmerksamkeitsspiel. Der Spieler erringt Aufmerksamkeit bspw. durch übermäßige Leistung oder Hilfsbereitschaft (Beispiel für ein Härtegrad 3 Spiel). Häufig passiert dieses Spiel in Gruppen, bspw. wenn ein Teilnehmer ständig (Pseudo)-Fragen stellt. Der Spieler nimmt hier auch negative Aufmerksamkeit in Kauf, nur damit er wahrgenommen wird (Sekundärgewinn!). Für den Ausstieg eignen sich auch hier leichte Provokation aber auch sein genervt sein mitzuteilen, beispielsweise durch „Deine Frage bezog sich eben nicht direkt auf unser Thema. Sofern du über deine Erfahrungen / dein Wissen zu bestimmten Themen mitteilen möchtest, so kannst du dies gerne in der Pause tun?
- Hab ich dich du Schwein. Dieses Spiel basiert auf einem Ur-Misstrauen des Spielers gegenüber anderen Menschen. Er/sie setzt alles dran, den anderen dabei zu erwischen, wie ihm/ihr Böses getan wird. Auch dieses Spiel kann bis zum 3. Härtegrad gehen. Ein Ausstieg ist hier nur möglich in dem man den Spieler stehen lässt, sobald er seinen Köder ausgeworfen hat.
Sicherlich waren Sie in der Vergangenheit auch in dem einen oder anderen aufgeführten Spiel involviert. Ich wünsche mir dass dieser Artikel Ihnen hilft zukünftig das eine oder andere Spielangebot zu erkennen oder zumindest einen geeigneten Ausstieg zu finden.
Denn wie bereits am Anfang dieses Blogs erwähnt gibt es in psychologischen Spielen keine Gewinner!
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